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Gaumenspalte

By Juni 23, 2014Juni 23rd, 2017Infothek

Ich möchte hier von unserer Erfahrung mit der Gaumenspalte einer Nachzucht berichten – denn es gibt nicht allzu viele Berichte im Internet. Noch weniger erfolgreiche. Das sollte man dringend ändern. 🙂

Am 22.12.2015 erblickten die zehn B-chen in unserem Wohnzimmer das Licht der Welt.

Darunter war auch Chocomotions Beautiful thing, eine agile Hündin von 330 Gramm, als neute von zwölf Welpen geboren um 22:15 Uhr. Wie alle lebenden Welpen wurde sie sogleich bei Mocca angelegt um die erste, so wichtige Milch zu sich zu nehmen. Zuvor hatten wir gewogen und die Hündin kontrolliert – auch mit dem Finger am Gaumen. Nichts zu spüren. Am nächsten Morgen hatte die Hündin 10 Gramm abgenommen, vollkommen normal nach einer anstrengenden Geburt. Sie war unter Ihren Geschwistern unauffällig. Bereits am nächsten Tag hatte sie weitere 40 Gramm verloren. Auch das sah ich noch als normal an, wir achteten darauf, dass sie immer an gute Zitzen konnte.

Am dritten Tag, mit nurmehr 270 Gramm morgens schaute ich mir die Kleine erneut genau an. Ihr lief Milch aus der Nase – das fand ich noch nicht ungewöhnlich, das passierte bei den anderen auch, wenn sie zuvor beim engagierten Trinken hineinlief. Als ich Ihr das Maul öffnete erschrak ich unglaublich: Der Gaumen hatte kleine Löcher. Ihr Todesurteil! Wieder auf der Waage zeigte diese 240 Gramm. Die Gedanken rasten. Es war Feiertag, was tun? Ich versuchte, meine Tierärztin zu erreichen – vergebens. Jemand musste mir den Hund einschläfern. Ich beschloss mich bei Züchtern durchzufragen. Von sofort Einschläfern bis zu Flaschenaufzucht war einiges dabei. Ich rief den Notdienst an, er sollte die Hündin einschläfern um Mocca nicht weiter zu beunruhigen. Doch er meinte das würden wir uns mal ansehen. Ich war hilflos. Also rief ich dem Tierarzt an, welcher uns in der Trächtigkeit betreut. Er wollte ein Bild per Whats App. Kurz darauf rief seine Frau an: Mit der Flasche aufziehen bis sie feste Nahrung zu sich nehmen kann und dann wird das operiert. Kein Problem. Ich fragte vorsichtig nach dem Einschläfern und spürte das blanke Entsetzen am anderen Ende der Leitung. Ja, das ginge auch, am nächsten Abend dann.

Bis dahin konnte ich die Maus nicht hungern lassen, also fingen wir an sie mit einer Kleintierflasche und Ziegenmilch zu füttern. Dankbar trank das kleine Wesen aber der Bauch wollte nicht voll werden. Es war sehr mühsam. Und ich machte mir große Vorwürfe: Es nicht vorher gesehen zu haben – was musste die Kleine Hunger leiden?! Durch die Spalte war es unmöglich gewesen Unterdruck zu erzeugen und so war das Anlegen sinnlos gewesen.

Im Internet zu surfen war nutzlos. Veraltete Berichte und Horrorgeschichten, die eine oder andere Erfolgsgeschichte war dabei. Darunter auch von einer mir bekannten Züchterin. Deren Hündin hatte es geschafft. Ich kontaktierte Sie und bereitwillig beantwortete Sie mir alle meine Fragen. Sie empfahl mir eine Saugflasche die sofort bestellt wurde und der damals operierende Arzt hatte schon Chocolate operiert – welche Glück. Nur leider hatte er Urlaub.

Ganz langsam konnten wir die Gewichtsreduktion aufhalten. Aber es war mühsam. Erfolg brachte erst die neue Saugerflasche. Welch Glück, der Bauch füllte sich mit Ziegenmilch randvoll und das Gewicht stieg – sehr sehr langsam zwar aber immerhin.

Chocomotions Beautiful thing war weiterhin bei Ihren Geschwistern, nur zum Füttern nahmen wir sie aus dem Pulk. Ihre Mama übergab uns die Verantwortung, pflegte sie ausgiebigst mit Liebe und war fortan ruhiger weil Ihr Baby endlich nicht mehr hungrig war.

Nach 16 Tagen konnte die kleine Kämpferin Ihr Geburtsgewicht verdoppeln – Ihre Geschwister waren schon rechte Brocken.

Einem Pärchen mussten wir schweren Herzens absagen, denn einen Hund mit dem Hintergrund wollten wir Ihnen nicht verkaufen. Einen Tag nach der Absage kam eine Email der Beiden mit der Frage: „Warum eigentlich nicht?“ Unser Glück konnten wir kaum fassen – wundervoll dass es Menschen gibt die einem Hund mit solch einem schlechten Start eine Chance bieten. Schließlich war die Hündin im Begriff eine normale, kecke Hündin zu werden – von Ihrer Gaumenspalte merkte man im Alltag nichts. Beim Saugen aus der Flasche hatte sie eine eigene Technik entwickelt um möglichst schnell satt zu werden.

Natürlich war jetzt alles anders, die beiden durften früh kommen um Ihre Kämpferin kennenzulernen und sie waren sofort verliebt.

Seither nahm die Kleine kontinuierlich zu, sie trank Unmengen und behauptete sich gegen Ihre Geschwister. Einen Termin beim Spezialist konnte ich für den zeitpunkt zu dem sie fünf Wochen alt sein würde vereinbaren.

Vorher jedoch kam eine neue Herausforderung: feste Nahrung. Alle Welpen sollten mit der vierten Woche Rinderhack zugefüttert bekommen um das Aufnehmen und Schlucken zu üben. Chocomotions Beautiful thing machte das wunderbar und ich war einfach nur glücklich. Natürlich verschluckte sie sich das eine oder andere Mal – nicht zuletzt weil sie sehr gierig war. Aber der große, befürchtete Gau blieb aus. Am selben Tag hatte Sie das Kilo Körpergewicht geknackt! Die Aufholjagd lief.

Zwischen Ihren propperen Geschwistern sah sie hin und wieder etwas verloren aus. Aber sie nahm an Allem teil, lag mal bei und mal weit weg von Ihren Geschwistern.

Das Zufüttern mit Trockenfutter ist nicht so geglückt, das Futter war zu breiig und machte Ihr natürlich einige Probleme. Also beschloss ich, dies noch eine Weile zu ziehen.

Mit fünf Wochen war endlich DER Termin. Die Welpenmami Kathrin begleitete mich und die kleine Hündin zu Dr. Eickhoff. Wir waren sehr nervös. Aber nun war die Maus nicht mehr namenlos, sie sollte Nami heißen. Ein besonderer Name für einen besonderen Hund. Nach der ungewohnten Autofahrt mussten wir nahezu eine Stunde warten bis wir zu Herrn Dr. Eickhoff durften. Er schaute sich die Spalte an und war etwas geknickt. Die Spalte war groß und zum Rachen hin offen und erweitert. Leider war damit ein Verschluss mit einem Provisorium unmöglich. Nachdem er Bilder gemacht hatte und so vollkommen normal und entspannt mit der Thematik umging erklärte er uns, wie er operieren würde. Auch den Termin zurrte er gleich fest. Am 15. März sollte Nami nüchtern kommen. Dann würde er mehrschichtig arbeiten und eigenes Gewebe, Schleimhaut etc. vernähen. Wenn alles gut ginge, wären die Aussichten sehr gut. Bis dahin hieß es: Gewicht gewinnen und eine Lungenentzündung vermeiden. Also fingen wir gleich Abends an, irgendwie Trokenfutter mit Nami zu fressen. Gar nicht so einfach. Zu hart war nichts. Also das Granulat einweichen und ab in den Rachen. Funktionierte ganz gut, auch wenn etwas mehr Kooperation prima gewesen wäre. 🙂 Am nächsten Tag funktionierte es schon besser aber von selbstständig fressen waren wir weit entfernt. Egal, hauptsache Energie zuführen.

Schon kurz darauf funktionierte es dann wunderbar. Auch am Futterring war Nami zu finden und am Wasser versuchte sie sich mit 6 Wochen. Sie behauptete sich tapfer gegen Ihre Geschwister.

Leider musste ich mich öffentlich von anderen anfeinden lassen, so einen Hund nicht eingeschläfert zu haben. Das wäre schließlich Natur. Ich glaube, mit Zucht sind wir so weit von Natur entfernt wie die Sonne vom Mond. Ich hatte die Entscheidung nicht bereut und möchte weiter Mut machen, den Weg zu gehen.

Nachdem die Gewichtszunahme wieder etwas beschwerlicher war entschieden wir uns ein Diätfuttermittel hinzu zu füttern. Nami nahm es sehr gerne und nahm tatsächlich wieder gut zu. Mit Ihrer unerschrockenen Art erkundete sie die Welt und bewies dass es die richtige Entscheidung war. Jeder der sie sah war beeindruckt von der kleinen Maus. Auch unsere Tierärztin hat sie blitzschnell um den Finger gewickelt, war sie doch die Einzige die vollkommen unbeeindruckt zum Chippen und Impfen kam.

Am Tag der Wurfabnahme wog Nami dann 4,1kg. Kein Problem, sie sollte erst einige Tage später ausziehen. Auch bei der Wurfabnahme zeigte sie sich von Ihrer besten Seite. Chocolate begegnete sie sehr vorsichtig, er blieb dennoch skeptisch. Nami fras mit Freude Rinderohr mit Fell, Banane und andere Leckereien und trank hin und wieder am Napf wie ein Vögelchen.

Mit 8 1/2 Wochen durfte Nami in Ihre neue Familie ziehen, welche sie sehnsüchtig erwartete. Wir hofften die neuen Besitzer gut in Namis Fressgewohnheiten eingewiesen zu haben, waren aber sicher, dass die drei Ihren Weg finden würden. Für Nami war es allerhöchste Zeit, sie war ein normaler Welpe der dringend Förderung benötigte.

Nami wuchs und gedieh. Kathrin und Martin leisteten ganze Arbeit. Die kleine Dame war weiterhin selbstbewusst unterwegs und erkundete unerschrocken die Welt. Ein ganz normaler Welpe nunmal. Leider fand Sie auf einem Marktplatz einen kleinen Ast, niemand weiß woher der kam. Den steckte sie sich so fest in die Spalte, dass eine Narkose fällig wurde. Wir waren geschockt, eine Woche vor der so wichtigen OP. Wieder einmal hatte Nami Glück, der Ast hatte keine Verletzungen verursacht sondern steckte wirklich nur fest. Die Narkose machte Ihr dennoch zu schaffen – nicht sehr beruhigend vor solch einer OP.

Dann war der grosse Tag – die OP stand an. Wir trafen uns schon eher und Kathrin und Martin erzählten aus dem Alltag. Es gab täglich Niesanfälle und das Essen wurde auch beschwerlicher. Kein Wunder, die Spalte war nochmal größer geworden. Guter Dinge ließen wir Nami nach einer kurzen gemeinsamen Runde bei Dr. Eickhoff. Nun sollte es drei Stunden dauern, bis der erlösende Anruf kam. Sie war am Aufwachen und durfte geholt werden. Die OP verlief gut, der harte Teil des Gaumens wurde in drei Schichten vernäht und musste nun heilen. Mit einem Trichter und Medikamenten ging es heim. Zehn Tage später sollte die Kontrolle sein und in sechs bis acht Wochen dann der zweite Termin, welcher nun doch nötig wurde. Den hinteren Teil der Spalte wollte der Dr. mit einer anderen Methode operieren.

Schon kurz darauf kam die freudige Nachricht: Trinken funktionierte ohne den Kopf in den Nacken zu werfen und Fressen ging auch. Mir fiel ein riesen Stein vom Herz. Nun musste es nur noch gut heilen.

Die Nachuntersuchung stimmte uns weiter zuversichtlich: Namis Narben heilten gut und es konnte der nächste Termin vereinbart werden, um auch den Rachen zu schließen. Nami nahm weiter sehr gut zu – sie hatte definitv Nachholbedarf.

Die zweite OP lief ebenfalls planmäßig. Nami wieder zu sehen war eine Freude. Sie ist ein ganz normaler Labrador von zwanzig Wochen, hat alles apportiert was zur Verfügung stand und sich sehr gefreut, mich wieder zu sehen. Dr. Eickhoff war zufrieden mit der Heilung der ersten OP-Narben. Er verschloss ein kleines Loch vorne an der Papilla mit einer Membran, da nicht ausreichend Knochen vorhanden war. Den Rachen konnte er wir geplant schließen. Den momentan leichten Vorbiss hat er sich auch angesehen, dieser ist typisch bei einer Wachstumshemmung wie einer Gaumenspalte. Der Oberkiefer wächst nun einmal nicht wie geplant. So lange Nami damit keine Probleme hat, wird dies nur beobachtet werden. Die Hemmung zeigt sich auch in Namis Ohrenansatz, der untypisch für einen Labrador ist. Das ist aber nun wirklich nur ein kleiner Schönheitsfehler bei solch einem tollen Hund.

Leider ist die Spalte im Rachen bei der Kontrolle erneut aufgegangen. Wir waren zutiefst geschockt. Auch Herr Dr. Eickhoff kann sich das nicht erklären aber machte Martin Mut. Deshalb wird Nami nun noch ein weiteres mal operiert werden und wir hoffen, dass es dann endlich ausgestanden ist.

Die finale OP war für den 02. August angesetzt. Wieder durfte ich Nami und Ihre Menschen begleiten. Dr. Eickhoff erklärte wie immer gewissenhaft, was passieren wird und versprach uns einen kleinen Eingriff. Es reichte uns gerade ein gemütliches Frühstück als der Anruf kam, dass wir Nami holen dürften. Sie war wieder sehr fit nach der OP und kam freudig zu Kathrin und Martin. Herr Dr. Eickhoff war zufrieden mit dem Eingriff und dieses Mal war kein Kragen notwendig – welch Glück!

Eine Woche später dann der Schock für uns: Kathrin schrieb mir, dass ein Hautlappen und Fäden im Rachen hängen. Es war ganz seltsam, denn mein Bauch hatte nach der OP eindeutig gesagt: Überstanden – alles ist gut. Ich wollte nicht wahr haben, dass er sich getäuscht hat. Kathrin telefonierte mit Dr. Eickhoff und dieser bat, bis zur Nachkontrolle eine Woche später zu warten. Mit großen Bauchschmerzen fuhr ich dort erneut hin, um dabei zu sein. Mir war klar: Noch einmal im Wachstum würde ich Nami nicht operieren lassen zumal sie beim Schlucken etc. keine Probleme zeigte. Ein kurzer Blick von Dr. Eickhoff in den Rachen und dann sagte er: „Es ist besser als ich jemals zu hoffen gewagt hatte!“ Und ich denke uns vielen einige Brocken von den Herzen… Der Hautlappen war die Mandeltasche und die war durch die OP verschoben. Der Rachen war so weit zu, dass man nicht sehen konnte, wo er wieder auf geht. Es war überstanden! Unglaublich!

Ab jetzt ist Nami ein ganz normaler junger Hund. Sie startete mit Ihrem Frauchen in Winnenden bei der Pfostenschau – natürlich wurden die Ohrenansätze und der Vorbiss gerügt. Vollkommen egal – für uns ist sie die Schönste! 😉 Und wir sind gespannt, vielleicht stimmt ja, was Dr. Eickhoff prognostizierte: Dass der Körper nun normal wachsen wird und sich das evtl. entsprechend reguliert.Wir werden sehen!

Eines ist jedoch sicher: Der Kampf hat sich für uns gelohnt. Es war sicher nicht einfach aber diesen Hund heute zu sehen und zu erleben ist einfach ein Geschenk. Zurecht ist Sie unser *Chocomotions Beautiful thing*!

Danke, Martin und Kathrin – Ihr seid großartig!